COSO: Die neue Verhütung für den Mann?

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Was aussieht wie eine besonders hübsche kleine Badewanne, könnte eine Revolution in der Verhütung für den Mann werden. COSO ist ein neuer Verhütungsansatz, der hormonfrei, reversibel und von Zuhause aus anwendbar ist.

Industrial Designerin Rebecca Weiss hat die Methode auf Basis von Ultraschall entwickelt und spricht mit uns über ihre Idee, mögliche Nebenwirkungen und die nächsten Schritten auf dem Weg zum offiziellen Verhütungsmittel.

Wie bist du auf die Idee für COSO gekommen?

Vor etwa einem Jahr erhielt ich die Diagnose der Gebärmutterhalskrebsvorstufe. Die bösartigen Zellveränderungen waren, laut behandelnder Ärztin, auf das Östrogen der Pille in Kombination mit dem HPV-Virus zurückzuführen. Nach einer Operation geht es mir heute wieder gut. Jedoch war für mich und meinen Partner von nun an klar, dass hormonelle Verhütung keine Option mehr ist.

Auf der Suche nach einem alternativen Verhütungsmittel wurde uns der Mangel an Verhütungsmethoden, besonders für Männer, bewusst. Dies betrifft nicht nur mich persönlich, sondern auch viele anderen Nutzer*innen, was die öffentliche Diskussion über männliche Verhütung derzeit zeigt. Daher beschloss ich als Industrial Designerin im Rahmen meiner Masterthesis an der TU München einen neuen Verhütungsansatz für den Mann zu entwickeln.

Da neue Ideen nur funktionieren, wenn sie von den Anwendern und der Gesellschaft akzeptiert werden, stand die Nutzerakzeptanz im Mittelpunkt meiner Erarbeitung.

In einer breit angelegten Recherche nach bisherigen Forschungsansätzen stieß ich auf die Verhütung über Ultraschall, die zur Kategorie der thermalen Verhütung zählt. Das Prinzip wird derzeit an Tieren zur Sterilisation eingesetzt. Für den Menschen wurde es allerdings nicht weiterverfolgt.

Aus der Kooperation mit potentiellen Nutzern und Experten aus der Urologie und Andrologie kristallisierte sich das hohe Potential des ultraschallbasierten Ansatzes zur Verhütung für den Mann heraus, wobei die Idee für COSO entstanden ist.

Der Name COSO setzt sich aus den Wörtern Contraception für Verhütung und Sonography für Ultraschall zusammen.

Wie funktioniert die Verhütung mit COSO?

COSO ist ein ultraschallbasierter Verhütungsansatz für den Mann, der hormonfrei, reversibel und von Zuhause aus anwendbar ist. Die Hoden werden im gestalteten Gerät für wenige Minuten ultrabeschallt. Denn auf biologischer Ebene erzeugt Ultraschall Tiefenwärme im Hodengewebe, was die Spermatogenese für einen bestimmten Zeitraum verändert. Genauer gesagt wird bei regelmäßiger Anwendung die Neubildung von Spermien temporär unterdrückt, wodurch ein zuverlässiges Verhütungsprinzip resultiert, was Forscher*innen in Studien am Tiermodell nachwiesen.

Im Nutzungsablauf füllt der Anwender Wasser bis zur angegebenen Markierung in das Gerät. Die exakte Wasserfüllhöhe wird gemeinsam mit einem Arzt entsprechend der individuellen Hodengröße vorab eingestellt. Das Wasser dient als Medium zur Ultraschallwellenübertragung an das Hodengewebe und wird vom Gerät vorab auf Betriebstemperatur erwärmt. Anschließend setzt sich der Nutzer breitbeinig auf eine ebene Oberfläche, stellt das Gerät zwischen die Beine und legt die Hoden hinein.

Über einen Druckknopf wird der Ultraschall für wenige Minuten gestartet. Die verbleibende Zeit kann in der COSO-App in Echtzeit eingesehen werden. Nach der Behandlung schaltet sich das Gerät automatisch ab.

Die Anwendung wird in regelmäßigen Abständen wiederholt, wobei die COSO-App mit Terminerinnerungen unterstützt. Zudem wird Wirksamkeit mittels Spermiogrammen ärztlich überprüft, bevor die Anwendung zur Verhütung für den Nutzer freigegeben wird, so das Konzept von COSO.

Konntest du COSO schon an Männern testen?

Da COSO bisher eine hypothetische Übertragung vom Tiermodell auf den Menschen ist, müssen vorab klinische Studien mit einer Vielzahl an Probanden durchgeführt werden. Studienfördernde Organisationen bestätigten auf Nachfrage, dass mit genügend Investitionen und Forschung eine zuverlässige Verhütungsmethode für Männer entwickelt werden kann.

Im Rahmen des partizipativen Gestaltungsprozesses fand eine ergonomische Überprüfung mit potentiellen Nutzern und Experten aus der Urologie statt. Mittels 1:1-Prototypen wurde die optimale Größe, Formgebung und Materialstärke ermittelt, um COSO für möglichst viele Anwender nutzbar zu machen.

Mit der Veröffentlichung des Projekts meldeten sich seither einige Männer, die bereit wären an klinischen Studien teilzunehmen, um COSO als erste Nutzer zu testen. Die Resonanz zeigt, dass viele Nutzer*innen großes Interesse daran haben, den Ansatz als Verhütungsmittel nutzen zu wollen.

Könnt ihr schon absehen, ob es Nebenwirkungen gibt?

Es sind bisher keine Nebenwirkungen zur Ultraschallverhütung laut den durchgeführten Studien bekannt. Das liegt einerseits daran, dass das Verfahren seither nur an Tieren eingesetzt wird und es andererseits bisher nur eine kleine, weit zurückliegende Studie am Menschen gab.

Jedoch kann jede Wirkung auch Nebenwirkungen mit sich bringen – wie bei jedem anderen Verhütungsmittel. Dahingehend wurden Nebenwirkungen mit den hinzugezogenen Experten aus der Urologie besprochen. Laut fachlicher Einschätzung könnte es in der Theorie beispielsweise zu Testosterondefiziten, Gefäßverletzungen oder Chromosomendefekten kommen.

Im Detail können die Nebenwirkungen allerdings nur klinischen Studien ermittelt werden.

Wie ist der aktuelle Status und was sind die nächsten Schritte?

COSO wurde vor wenigen Wochen über die Website www.coso-contraception.de sowie über den Instagram-Kanal coso.contraception veröffentlicht. Seither ist die Resonanz sehr positiv. Potentielle Nutzer*innen, Organisationen als auch die Medien zeigen großes Interesse am Projekt, wodurch die COSO-Community wächst.

Aus strategischer Sicht sind für die folgenden Monate Interviews und die Teilnahme an Wettbewerben geplant, um den Bekanntheitsgrad von COSO zu erweitern und die Chancen auf eine Realisation zu steigern. Auf entwicklungstechnischer Ebene wird ein funktionaler Prototyp mit allen technischen Komponenten angestrebt, um die Machbarkeit zu überprüfen.

Der wichtigste Schritt sind langfristig die klinischen Studien, die benötigt werden, um den Ansatz auf dem Markt zugänglich zu machen. Hierfür werden Investitionen gebraucht, welche nur getätigt werden, wenn die Relevanz des Ansatzes deutlich wird. Dies gelingt, indem COSO medial bekannt gemacht wird, was jede Einzelperson aktiv unterstützen kann.

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